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tuxedo cat Belphegor eyes and ears

Die Diagnose


Die eigentliche Diagnostik fand nicht bei unserer Tierärztin statt.
Als der Verdacht aufkam, machte sie eine Blutuntersuchung auf den IGF, wobei der in freien Laboren nicht richtig bestimmt werden kann. Ein freies Labor kann lediglich feststellen, ob der IGF erhöht ist - wie hoch er genau ist, kann ausschließlich ein darauf eingerichtetes Labor feststellen.
Die Indikatoren, dass es Akromegalie sein könnte, waren bei Belphegorr gegeben: nicht einstellbarer Diabetes, Wachstum und ein erhöhter IGF.

tuxedo cat Belphegorr on chairIm Folgenden hieß es also zum Facharzt.
Nun gab es zu dieser Zeit gerade einmal 2 Kliniken in erreichbarer Nähe, die dafür eingerichtet waren. Und genau eine Klinik, die mit dieser Krankheit schon längere Erfahrung hatte: Die veterinäre Uniklinik in Utrecht. Alternativ hätten wir noch nach Hofheim in der Nähe von Frankfurth am Main gekonnt. Da sich die Wege nicht sonderlich unterscheiden und die Uniklinik Utrecht mit deutlich mehr Erfahrung aufwarten konnte, haben wir uns auf Anraten unserer Tierärztin für diese Klinik entschieden. Also haben wir uns für September 2019 einen Termin zur Diagnose in Utrecht gemacht - und erst einmal unser Englisch aufgefrischt.
Zu jenem Zeitpunkt, möchte ich anmerken, war Akromegalie noch äußerst unbekannt und in Utrecht wurde durchschnittlich 1 Patient im Monat vorgestellt. Der Chirurg dort hatte mit 30 Operationen auch die größte OP-Erfahrung in ganz Europa vorzuweisen. Inzwischen (Stand 2021) wird durchschnittlich 1 erkrankte Katze pro Woche in Utrecht vorstellig. (Das wird zum späteren Zeitpunkt noch interessant.)

Da unser Belphegorr sehr panisch darauf reagierte, wenn er die Wohnung verlassen musste (einmal folgte er mir ins Treppenhaus, als ich eine Lieferung annahm, um mich panisch anzumaunzen und zu hecheln; um zu sagen "ich hab Angst hier draußen!" ... y tho?), bekam er den „guten Stoff“ für die ca. zweieinhalb-stündige Autofahrt. Rein theoretisch sollte das Beruhigungsmittel ihn ausknocken, praktisch ... hatte ich einen Kater auf mir herumturnen, nachdem er die Transportbox halb zerlegt hatte ... Kleiner Tipp am Rande: immer vorher einmal ausprobieren, wie eure Katze auf Beruhigungsmittel reagiert.
Schließlich kamen wir in Utrecht an und das ganze Procedere nahm seinen Lauf: Registrierung, Formulare und irgendwie miteinander kommunizieren. Hierbei sollte man gewarnt sein: Bei Anmeldung muss man einen Wisch unterschreiben, der den Ärzten in Utrecht erlaubt, das Tier gegebenenfalls ohne Rücksprache mit dem Besitzer einzuschläfern, falls der Fortschritt der Krankheit es nach Meinung der Ärzte erforderlich macht. Auf gut Deutsch: Die Diagnostik war anfangs von einer dunklen, schwarzen Wolke überschattet.
In einem kleinen Raum drängten sich schließlich wir zwei, eine Ärztin und 6 Stundentinnen um unseren sich mittlerweile wieder bei vollem Bewusstsein befindlichen Kater. Unser Charmeur ließ natürlich sofort wieder alle Herzen höher schlagen - was für ein wunderschöner Kater es doch sei (wir schieben es immer noch auf das anteilige Wildkatzenblut in seinen Adern) und wie brav er sich untersuchen ließ. Und vor allem: wie klein dieses Monster sich machen kann.
Zu allererst wurde Blut abgenommen und ein IGF-1 Test durchgeführt. Während der gesamten Zeit vor Ort (die Untersuchung dauerte etwa 4 Stunden) , haben wir unzählige Male die gleichen Fragen beantwortet, Anekdoten zum Besten gegeben und unser Kater war einfach nur ein lieber Kerl mit dem schönsten „Ich will hier weg“-Lächeln, das man sich vorstellen kann.
Als die Ärztin schließlich das Ergebnis des Bluttests bekam, wurde Belphegorr direkt mit dem Titel „Supercat“ ausgezeichnet. Warum? Ab einem IGF-1 von über 800 spricht man von Akromegalie. Die meisten Katzen haben einen IGF von etwa 1000, wenn sie vorstellig werden. Unser Kater wies einen stolzen IGF-1 Wert von 3500 auf. Ein Wert, den normalerweise Katzen haben, deren Tumor deutlich über 1cm liegt und die sich in den letzten Zügen ihres Lebens befinden.
tuxedo cat Belphegorr in sheetIm Allgemeinen war die Tierärztin arg überrascht, wie wenig Anzeichen Belphegorr doch erst von der Krankheit hatte. Ein kaum merkliches Wachstum des Unterkiefers bisher, aber sonst noch keinerlei sichtbaren Deformierungen. Herz klang in Ordnung usw. Als sie hörte, dass wir bereits nach 1 Jahr Diabetessymptome von unserer Tierärztin die Verdachtsdiagnose Akromegalie erhalten haben, verstärkte sich die Überraschung - so früh wurde bisher wohl noch keine Katze nach Utrecht geschickt. Zu jenem Zeitpunkt hatten erst sehr wenige Haustierärzte eine entsprechende Fortbildung auf diese Krankheit gemacht, weswegen viele, um nicht zu sagen, die meisten Katzen erst nach Utrecht gebracht wurden, als es für eine Operation bereits zu spät war. Inzwischen scheint sich zumindest das zum Positiven hin geändert zu haben. Mittlerweile sind europaweit schon deutlich über 100 erfolgreiche Operationen durchgeführt worden. Tendenz steigend.
Als nächstes stand dann das CT an, um die Diagnose zu bestätigen und die weiteren Therapiemöglichkeiten auszuloten. Dementsprechend hieß es wieder warten. Dieses Mal allein im Warteraum. Nach etwa einer halben Stunde wurden wir wieder zur Ärztin hineingerufen und das Urteil verkündet: Ein Tumor an der Hypophyse, knapp unter 3mm groß - operabel.
Bei dieser Gelegenheit war auch direkt ein CT des gesamten Körpers gemacht worden, um eventuelle Veränderungen der Organe zu überprüfen. Auch hier fiel das Ergebnis zu Gunsten unserer „Supercat“ aus: Keinerlei Veränderungen der Organe oder Organstrukturen. Bei seinen hohen Werten hatten die Ärzte bereits mit Vergrößerungen von Herz, Leber, Nieren gerechnet oder mit Veränderungen der Pankreas (hier wird Insulin hergestellt, daher wichtig zu erwähnen). Aber: alles in bester Ordnung.
Unsere Tierärztin wurde an diesem Tag mit Lob für ihre frühe Diagnose geradezu überschüttet, wie Sie sich sicherlich vorstellen können.

Die Ärztin hatte sich viel Zeit genommen, um uns die Folgen der Krankheit zu erklären, welche Therapien es gibt, welche es geben könnte, wenn mehr Diagnosen gestellt würden (z.B. IGF-Hemmer), welche Komplikationen bei und nach einer Operation auftreten können, usw. Und natürlich gab es eine Einschätzung seiner Lebenserwartung ohne Operation: 1,5 - 2 Jahre. Das war die durchschnittliche Lebenserwartung, die man zu jenem Zeitpunkt einer akromegalischen Katze ab Diagnose // ersten Symptomen gab.
Da er zu diesem Zeitpunkt schon 1 Jahr Symptome hatte und sein IGF-1 dermaßen hoch war, gingen wir alle davon aus, dass er wohl noch in den nächsten 12-18 Monaten ohne Operation sterben würde.

Der örtliche Chirurg war an diesem Tag leider nicht mehr abkömmlich, rief uns aber am folgenden Tag an, um noch einmal seine Meinung zu geben: Der Tumor lag hervorragend positioniert für eine Operation und Belphegorrs Chancen, die OP gut zu überstehen, waren hervorragend.

Als nächstes mussten wir also die folgenschwerste Entscheidung in unserem und Belphegorrs Leben treffen: entscheiden wir uns für oder gegen eine Operation?

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