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Der Verlauf der KrankheitNachdem wir uns für eine Paliativbehandlung entschieden hatten, wurde natürlich die ganze Therapie umgestellt. Weg von Diabetes hin zu einer symptomatischen Akromegalie-Therapie. Das bedeuetete, dass das Insulin bei 12 Dosen (100IE/ml) 2x täglich eingefroren wurde und damit eine chronische Überzuckerung in Kauf genommen wurde. Das ist einer der wichtigsten Punkte der Therapie, denn der IGF-1 ist nicht stabil. Es kann jederzeit passieren, dass es einen spontanen starken Abfall im IGF-Wert gibt und dann die Katze durch die Insulingabe in einen Zuckerschock versetzt wird. Da die Lebenserwartung sowieso nicht sonderlich hoch ist, ist die Überzuckerung das kleinere Übel und die Restlebenszeit meist nicht ausreicht für schwerwiegende Komplikationen. Außerdem bekam er Vasotop und Dimazon. Ein Herzmedikament und eines zum Entwässern. Damit wurden Herz und Kreislauf entlastet. Die frühe Gabe der Medikamente hat wahrscheinlich dafür gesorgt, dass es bis zu seinem Tod zu kaum Veränderungen des Kardio-Vaskulären Systems kam. Natürlich mussten wir weiterhin den Blutzucker im Auge behalten (um Unterzucker und lebensbedrohlichen Überzucker rechtzeitig zu erkennen) und zwei Mal im Jahr standen große Untersuchungen - Blutwerte und Herzultraschall - an. All das dient dazu, die Veränderungen der Organe zu beobachten und rechtzeitig gegenzusteuern. Die „er muss abnehmen“-Diät war natürlich gestrichen. Fortan durfte er fressen, so viel er wollte, weil er ja im Wachstum war und diese Energie dringend brauchte. Ein paar Wochen nach dem Besuch in Utrecht setzte schwerer Durchfall ein: Giardienbefall. Diese nervigen Biester loszuwerden hat uns 4 Wochen gekostet und letztlich hat es eine 100% fleischbasierte Ernährung gebracht. Die Medikamente und die Putzaktionen sind natürlich wichtig, aber am besten ist es nach dieser Erfahrung, die kleinen Monster auszuhungern: Giardien benötigen Kohlehydrate, um zu überleben. Das war letztlich auch der Grund, warum wir dem veterinären Diabetesfutter mit seinem hauptsächlichen Getreideanteil abgeschworen haben. Danach hatten wir von November bis Januar Ruhe, ehe erneuter Durchfall einsetzte. Ein Bluttest hat schnell das neue Problem enthüllt: Pankreatitis - Bauchspeicheldrüsenentzündung. Eine Komplikation, mit der man bei Diabetes und Akromegalie ständig rechnen muss. Die Pankreas produziert Insulin und durch die ständige Überzuckerung aufgrund der Resistenz (ist ja nicht so, als würde kein Insulin produziert werden), entzündet sich die Pankreas. Eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit, die mit Schmerzmitteln und Antibiotika behandelt werden muss. Fortan war das unsere Hauptsorge bei Belphegorr. Anfangs entzündete sich die Pankreas so 1x alle 3-5 Monate, aber je weiter das Jahr fortschritt, umso häufiger kam die Entzündung. Bei jeder Entzündung verlor er etwas mehr Gewicht, das er nicht wieder aufzuholen schaffte. Bald stellten sich noch leichte Atemprobleme bei ihm ein, was sich größtenteils in Schnarchen offenbarte und dass er bestimmte Kopfhaltungen beim Schlafen vermied. Auch die Schleimhäute zählen zu den Weichteilen, die sehr schnell wachsen. Zum Glück wurde es hier nie bedrohlich. Im Winter 2019/2020 hatten wir das erste Mal die Befürchtung, dass er es nicht mehr lange machen würde. Das kalte, wechselhafte Wetter setzte ihm schwer zu. Einsetzende Athrophierung der Hinterbeine und Arthrose in den Gelenken. Ebenfalls eine gängige Komplikation von Akromegalie - da die Gelenke ja weiterwachsen und aus der Form geraten, neigen sie zu Entzündungen. Zu diesem Zeitpunkt kam Metacam zu den regelmäßigen Medikamenten dazu und im Frühjahr, als das Wetter wärmer und stabiler wurde, blühte der Kater wieder richtig auf. Ab Mai 2020 gaben wir ihm durchgehend Sukrabest als Magenschoner und Pankreasenzyme, um seinen Verdauungsapparat zu entlasten. Das lag weniger daran, dass seine Pankreas dauerhaft entzündet war, aber sie konnte nicht mehr genug Enzyme produzieren, um die steigenden Mengen an Futter zu managen, die er verdrückte und auch brauchte. Während des heißen Sommers hatten wir das zweite Mal Sorgen um das Leben unseres Katers. An heißen Tagen hatte er schwere Kreislaufprobleme. Das Herz und die Atmung rasten und man merkte, wie das reine Leben für ihn anstrengend war. Mit Ventilatoren, feuchten Handtüchern und Eisblöcken haben wir es geschafft, ihn halbwegs gut über diese Wochen zu bringen und auch hier blühte er wieder auf, als das Wetter wieder normaler war. Eine akromegalische Katze und eine Wohnung unter dem Dach sind keine gute Kombination im Sommer. Herzultraschall im September war unauffällig und der Herbst konnte kommen. Im Endeffekt verliefen Herbst und Winter wie auch im Vorjahr, nur dass die Pankreatitis immer häufiger kam und mittlerweile etwa 4 bis 6 Wochen Antibiotikagabe nötig war, um 1-2 Monate Ruhe zu haben. Aber unser kleiner Kämpfer hat sich nicht unterkriegen lassen und seine Futtermenge sogar auf gut 1 kg Futter am Tag erhöht. Nur die Arthrose machte ihm zusehends zu schaffen, sodass wir und sein Bruder ab Winter einen Großteil seiner Körperpflege übernommen haben. Im späten Frühjahr 2021 dann wäre er uns beinahe gestorben. Die Tierärztin (nicht seine übliche) hatte ihn wieder wegen einer Pankreatitis behandelt (Antibiotikum & Neuralgin) und dabei wahrscheinlich überlesen, dass er Diabetes hat. Als wir nach Hause kamen, war unser Kater apatisch und extrem zittrig auf den Beinen, wenn er denn hochkam. Er wollte fressen und trinken, bekam aber seine Zunge nicht koordiniert. Ein Anruf bei der TIerärztin offenbarte: Sie hatte das Schmerzmittel wohl leicht überdosiert. Das könnte der Stress sein, wir sollen ihn in Ruhe lassen. Sorgenvolle Stunden später, in denen der Kater immer wieder durch die Gegend schwankte, umfiel und auch mehrere schwere Krampfanfälle bekam (einmal musste ich ihn beatmen, weil er so sehr krampfte), wichen auch die Tierärzte von der Abwarten-Haltung ab und meine Frau fuhr mit dem Kater in die Praxis. Blutzucker 35 - Zuckerschock. Wieso niemand von uns auf die Idee gekommen war, seinen Blutzucker zu messen, keine Ahnung. Manchmal ist das Naheliegendste das abwegigste. Belphegorr hatte dieses schreckliche Ereignis überraschend gut und ohne Nachwirkungen überstanden. Grundsätzlich sollte man bei Akromegalie aber immer auf Wechselwirkungen von Medikamenten achten. Wie ich im Nachgang gelernt habe, senkt Neuralgin den Blutzucker teilweise drastisch und sollte Diabetikern genauso wenig gegeben werden wie ASS (Aspirin). Im Allgemeinen sollte man bei Medikamenten immer auch Wechselwirkungen achten und nachfragen, ob sie auch Diabetikern gegeben werden dürfen. Akromegalie ist eine ganze Fülle von Symptomen und damit auch verschiedenen Medikamenten, weswegen es wichtig ist, hier immer den Überblick zu behalten und möglichst immer den gleichen Tierarzt aufzusuchen. In diesem Sommer hatten wir vorgesorgt und ihm im Juni ein Klimagerät gekauft, damit zumindest in einem Raum immer unter 30°C und eine niedrige Luftfeuchte herrschen. Er war auch sehr begeistert, denn wann immer er hörte, dass wir das Gerät angestellt haben, kam er ins Schlafzimmer getrabt und legte sich direkt davor. So hat er den schwülen Sommer 2021 auch dieses Mal ohne schwere Kreislaufprobleme überstanden. Ab Juli 2021 wurde Belphegorrs Durchfall zunehmend schlimmer und behandlungsresistent. Bis Ende August magerte er auf 4,8 kg ab. Dazu kam ein weiterer Zuckerschock im August, der dieses Mal nicht durch eine Fehlbehandlung entstand. An jenem Tag fand ich ihn morgens um halb fünf wie tot auf dem Boden im eigenen Dreck liegen. Wir haben immer Zuckerpaste zu Hause, falls es mal zu einem Unterzucker kommt. Tatsächlich hat das Gel die Lebensgeister wieder geweckt und unsere leblose Puppe versuchte mit aller Macht, das Zeug nicht schlucken zu müssen. Blutzuckermessung ergab einen Wert von 23 - dass er noch nicht im Koma lag, verstehe ich bis heute nicht. Irgendwie haben wir ihn mit Zuckergel und Honig in 2 Stunden auf einen Blutzucker von 60 hochbekommen. Leider mussten wir beide arbeiten und es war nicht ganz klar, ob und wer von uns beiden zuerst die Arbeitsstelle wieder verlassen durfte. Meine Frau war die „Glückliche“, die nach 3 Stunden wieder nach Hause durfte - zu einem Kater mit Blutzucker von 30. Also Tierarzt, Zuckerinfusion, bis der Blutzucker auf 250 war, und wieder nach Hause. Als ich um 15 Uhr heim kam, war der Blutzucker erneut bei 40. (Und das passiert, wenn der IGF extrem abfällt.) Dieses Mal wurden wir in die Tierklinik geschickt, wo Belphegorr über Nacht bleiben musste. Mittlerweile wieder bei einem Blutzucker von 33, verstand dort niemand, warum der Kater zwar erschöpft, aber noch immer auf den eigenen Beinen und agil war. In der folgenden Nacht bekam er noch 2 Infusionen Zuckerlösung und Aufbaupräparate. Am nächsten Morgen holten wir einen putzmunteren Kater ab, der vier Tage lang nicht wieder zu erkennen war. Unser fauler Kater, der am liebsten auf dem Fenstersims oder dem Balkon die Welt beobachtete, war auf einmal aufgedreht und munter wie seit Ausbruch der Krankheit nicht mehr. Leider währte das nicht lange. Nach 3 Tagen setzte der Durchfall wieder ein und sein Insulin ließ sich gar nicht mehr einstellen. Minimalste Dosen von 2 Einheiten 1x am Tag brachten ihn schon bedrohlich nahe an einen Unterzucker und wir mussten noch 2x mit Zuckerpaste nachhelfen, dass er nicht ganz abrutschte. Dazu kam noch, dass Belphegorr im späten Frühjahr angefangen hatte, oft einfach nur dazusitzen, zu kauern oder zu liegen und Löcher in die Luft zu starren - besonders gerne mit der Nase über seinem Wassernapf. Wie wir später erfuhren, ein deutliches Anzeichen für starke Kopfschmerzen. Mittlerweile war es fast Mitte September und wir wussten, dass wir nun die letzte Entscheidung treffen mussten. Die Frage war nur noch, konnten wir ihn noch ein letztes Mal soweit behandeln, dass er noch ein paar schöne Wochen haben würde, oder nicht ... |
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